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Ambivalenzen

Versucht man das Verhältnis zwischen Kolonisierung und Missionierung differenziert zu erfassen, ergibt sich ein ambivalentes Bild, das stark von der jeweiligen Situation abhängig war. Missions- und Kolonialgeschichte sind eng miteinander verflochten. Missionare zogen im 19. Jahrhundert unter den Bedingungen des politischen Kolonialismus in viele Teile der Welt. Sie verhielten sich unterstützend, kollaborierend, duldend oder distanzierend zu den Kolonialmächten. Missionare dienten mancherorts als Vorreiter und Wegbereiter für die Kolonisatoren – den Missionaren folgten Kaufleute, dann Soldaten und Beamte. An anderen Orten folgte die Mission der Kolonialmacht oder deren verlängertem Arm in Form von Handelsgesellschaften. Missionare arbeiteten mit den kolonialen Behörden zusammen und leisteten z.B. durch die Missionsschulen einen unverzichtbaren Beitrag zur effektiven Ausbeutung der Kolonie. Durch die Verwurzelung der Missionsgesellschaften im Mutterland wurden Missionare einerseits zu Vermittlern von Wissen über die Kolonien, aber auch von kolonialen Klischees und Stereotypen, wie Beispiele aus Veröffentlichungen des Neuendettelsauer Missionshauses zeigen.

Es waren jedoch die Missionare und ihre Ehefrauen, sowie später auch Missionsmitarbeiterinnen, die die Einheimischen nicht als passive Objekte, sondern als Individuen wahrnahmen. Sie interessierten sich, wenn auch nicht ganz uneigennützig, für deren Kultur und Sprache. Sie prangerten Missstände der Kolonialherrschaft an und sahen die Gefahr, die die koloniale Eroberung und Ausbeutung für die Einheimischen bedeutete.

Oder lag nicht auf der anderen Seite im Gleichheitsversprechen des Christentums eine starke Energie? Befähigte die Ausbildung an den Missionsschulen sie nicht auch für ihre Freiheit zu kämpfen und den beherrschenden Kolonialmächten Paroli zu bieten? Ich verstehe nicht ganz, was damit ausgedrückt werden soll. Ist es eine rhetorische Frage? Der Kontext wurde ja vorher schon geliefert. Ich würde es eher nochmal prägnant zusammenfassen. Zum Beispiel in Richtung: Hier werden die teilweise engen Verstrickungen von Kolonialmacht und Mission deutlich. Gleichzeitig lag im christlichen Gleichheitsversprechen für viele Missionsschüler*innen auch eine starke Energie, die sie dazu befähigte für ihre Freiheit zu kämpfen und gegen die herrschende Kolonialmacht Widerstand zu leisten. Nicht zufällig hatten viele Anführer*innen von Befreiungsbewegungen in den 1950ern und 1960ern Missionsschulen besucht.

Beispiele aus Veröffentlichungen

Berichte und Bilder in Missionszeitschriften, z.B. in: "Kirchliche Mitteilungen aus und über Nord-Amerika, Australien und Neu-Guinea (1843-1886)", "Neuendettelsauer Missionsblatt (1911-1941)", "Kinderblatt der ND-Mission (1910-1939)"

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