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Der Beginn

Das deutsche Streben nach kolonialem Besitz beförderte Ende der 1870er Jahre ausgerechnet ein Mann der Mission -
Friedrich Fabri, Friedrich Fabri
Foto von Fabri
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Theologe, Publizist und von 1857-1884 leitender Inspektor der Rheinischen Mission in Barmen veröffentlichte 1879 seine kolonialagitatorische Schrift „Bedarf Deutschland der Kolonien?“, die verschiedene Argumente für eine koloniale Expansion Deutschlands ins Feld führt, z.B. Zugang zu Rohstoffen, Absatzmärkte für den eigenen Handel und Siedlungskolonien für die wachsende Bevölkerung. Sein Interesse an deutscher Kolonialexpansion war nicht ohne Eigennutz, denn die rheinische Missionsgesellschaft bat schon seit Jahren um politischen Schutz für ihre Stationen in Südwestafrika und das dort tätige missionseigene Handelsunternehmen. Die Rheinische Mission war im südlichen Afrika bereits seit 1828 tätig. Dort kam es in den 1870-er Jahren vermehrt zu Konflikten mit den Nama und Herero (vgl. Bade 1984, S.103-132; Engel in Bade 1984, S.142; Speitkamp 2014, S.18).

Friedrich Fabri (1879): Bedarf Deutschland der Colonien?

„Central-Afrika kann allerdings ein neues Indien werden nach seiner Boden-Beschaffenheit und Populations-Menge. Aber fürs erste fehlt noch ein sehr wesentliches Stück: Der Massen-Anbau werthvoller Produkte. Seine Bevölkerung muss durch vermehrte Bedürfnisse erst zu deren Anbau gereizt, wo nicht gar erzogen werden. Und das wird voraussichtlich nur sehr allmählich sich vollziehen. Missions-Unternehmungen mit praktisch-pädagogischem Charakter, d.h. auch zur Arbeit erziehend, wären hier vor allem werthvoll; nach und mit ihnen Capital und Leute für Plantagen und größere Handels-Unternehmungen. Ohne diese Vorarbeiten würde es um die Rentabilität der central-afrikanischen Eisenbahn herzlich schlecht bestellt sein; denn alle Vierteljahr ein paar „Forscher“ ins Land und eine Fracht Elfenbein retour zu führen, würde doch kaum lohnen. Aber erfreulich und der richtige Ausgangspunkt der Aktion in Central-Afrika ist es, daß die ersten Cultur-Pioniere, die Missionare, vom Osten und Westen her bereits an der Arbeit stehen. Es erfüllt sich auch hier, was Livingstone, der Beides ja in seiner Person in seltener Weise vereinigte, ausgesprochen: „Das Ende geographischen That, ist nur der Anfang des Missions-Unternehmens.“ So haben denn bereits mehrere der großen englischen Missions-Gesellschaften […] an den großen Seen des Ostens Niederlassungen errichtet, und drei Missionsdampfer durchfurchen heute schon zum Ärger und Schrecken der arabischen Sklavenhändler die blauen Gewässer jener mächtigen Binnen-Seen.“ Friedrich Fabri (In: Bedarf Deutschland der Colonien 1879, S. 94)

„Jede Missions-Thätigkeit wurzelt zunächst in einem positiven religiösen Triebe. Wer diesen nicht theilt, wer die Kraft und die Bedeutung des Evangelii nicht kennt, wer vielleicht, wie heute so manche unserer gelesensten Zeitschriften einer ausgesprochen materialistischen Weltanschauung huldigt, dem ist natürlich dieser religiöse Trieb, fremde Völker zu christianisieren, unfassbar, und jede seiner Lebensäußerungen [Anm: der Mission] wird ihm ein Anstoß und Ärgernis sein. […] So entwickelt sich aus der religiösen Unwissenheit naturgemäß die Unfähigkeit, eine Erscheinung, wie die Missions-Sache, überhaupt auch nur nach ihrer allgemeineren culturellen Bedeutung irgend unbefangen zu prüfen und zu würdigen. Auch in England, in Nord-Amerika gibt es viele Leute, die von ihrem religiösen oder irreligiösen Standpunkte aus über die Mission die Achseln zucken. Aber kaum jemand wird dort eine gewisse culturelle Bedeutung der Mission, ihre Nutzbarkeit für die ihr nachrückenden Handels-Unternehmungen oder colonialen Annexionen leugnen. […] Doch scheint auch nach dieser Richtung ein Fortschritt sich anzubahnen. So hat vor kurzem die kölnische Zeitung in einer Reihe von Leitartikeln über „Englands Ausbreitung in Südafrika“ (Juni 1877) die culturelle Bedeutung der Mission, auch ihre Verdienste um linguistische, geographische, anthropologische Forschung kurz und treffend charakterisiert und warm anerkannt. Sie war bei dieser Besprechung der englischen Annexionen in Süd-Afrika in der Lage, zu zeigen, daß die so mühe- und kostenlos vollzogene Annexion jener ausgedehnten Ländergebiete an der West- und Ostküste Süd-Afrikas sich wesentlich auf die seit dreißig Jahren geschehene Pionier-Arbeit deutscher Missions-Gesellschaften stützte, das brittische Colonial-Amt die aus Deutschland gebrachten Opfer an Capital und Arbeit also für sich einzustreichen in der Lage war.“ Friedrich Fabri (In: Bedarf Deutschland der Colonien 1879, S. 95-96)

Friedrich Fabri: Biographie

Friedrich Fabri (1824-1891), 1857 bis 1884 leitender Inspektor der Rheinischen Missionsgesellschaft in Barmen, lieferte mit seiner Schrift „Bedarf Deutschland der Kolonien“ 1879 Lösungen für die anstehenden Probleme seiner Zeit: ökonomische Krisenbewältigung und soziale Entspannung durch überseeische Expansion in Form deutscher Kolonien. Aktiv und erfolgreich betätigte sich Fabri als Organisator der deutschen Kolonialbewegung. Seine Tätigkeit als Vizepräsident des 1882 gegründeten Deutschen Kolonialvereins und als Ehrenmitglied im Vorstand der 1884 von Carl Peters gegründeten Gesellschaft für Deutsche Kolonisten mündete schließlich als Berater der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (DOAG). Jedoch fanden Fabris Eingaben an das Auswärtige Amt zunächst keine Zustimmung bei Reichskanzler Otto von Bismarck. Erst nach der politischen Wende hin zur aktiven Kolonialpolitik Bismarcks, avancierte Fabri gegen Ende der 1880er Jahre zum Gedankengeber Bismarcks in Form teilweise umfangreicher Denkschriften. Seinen Job als Inspektor der Rheinischen Missionsgesellschaft wurde er jedoch auf Grund seines bizarren Doppellebens 1884 los. Die Verquickung geistlicher und weltlicher Interessen ging der Missionsgemeinde letztlich zu weit – mit seinem Rücktritt kam er seiner Entlassung zuvor. In seinen Schriften verwies Fabri immer wieder auf die kulturelle Bedeutung der Mission und deren Nutzbarkeit für die nachrückenden Handelsunternehmungen. Ein Zusammenwirken zwischen missionarischen, kommerziellen und politischen Interessen waren für ihn Voraussetzung für eine systematische Ausbeutung kolonialer Ressourcen.
Im Zusammenhang mit Neuguinea muss erwähnt werden, dass bereits 1880 in Zusammenhang mit Hansemanns geplanter Handelsgesellschaft für Neuguinea die Anfrage zur Aussendung von Missionaren an Fabri herangetragen wurden. Obwohl Fabri das Unternehmen befürwortete dauerte es noch weitere 7 Jahre bis Missionare der rheinischen Mission eine erste Station in Neuguinea errichteten. Im Sommer 1886 kam ihnen Missionar Flierl von der Neuendettelsauer Mission zuvor. Friedrich Fabri starb 1891 in Würzburg an einem Herzleiden. Kurz zuvor hielt er noch eine lange Rede vor der Generalversammlung der Deutschen Kolonialgesellschaft in Nürnberg, zog sich dann erschöpft zu seinem Neffen in ein kleines Dorf im Spessart zurück, wo er kurz vor seinem Tod noch eine letzte Predigt hielt. (vgl. Bade 1984, S.103-110, 121, 136-137).
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