Von Deutschland aus nach Tansania und Papua Neuguinea
Frauen in der Mission
Auszüge - Sybille Bayer: „Aus dem Leben des Missionars Friedrich Bayer“ und „Er führte mich hinaus ins Weite“
„An einem Abend muß ihm wohl seine große Einsamkeit so recht bewußt geworden sein, denn er vertraute seinem Freund Mailänder an: „Karl, ich möchte am liebsten auch verheiratet sein. So ein Familienleben wie du es hast, ist doch etwas sehr Schönes. Aber ich kenne kein Mädchen in Deutschland, das ich fragen oder dem ich schreiben könnte.“ Ganz spontan gab Karl Mailänder die Antwort: „Da steht sie ja!“, dabei nahm er eine Photographie, die auf dem Harmonium stand, in die Hand und reichte sie seinem Freund. Aus dem Bild blickte diesen die jüngere Schwester von Frau Mailänder an. Frau Hedwig Mailänder, geb. Wüst, war 1913 von Bleimerschloß (Mfr.) zu Missionar Karl Mailänder gereist. Sie waren sich bis zu Hochzeit in Neuguinea unbekannt gewesen, ihre Bekanntschaft hatte ein Pfarrer in Deutschland vermittelt. Schnell wurde Papier und Schreibzeug herbeigeholt und Herr und Frau Mailänder fragten bei der Schwägerin und Schwester Sibylle Wüst in Deutschland an, ob sie bereit wäre, nach Neuguinea zu kommen. […] Schließlich schickte Sibylle Wüst eine Antwort und bat um einen persönlichen Brief des unbekannten Missionars, den sie auch erhielt, zusammen mit einer Photographie. Nachdem noch einige Briefe gewechselt waren, kam ein Telegramm an die Missionsleitung in Neuendettelsau: Fiances come could not come Sibylle with (Bräute kommen, könnte Sibylle nicht mitkommen). Bei den Bräuten, die kommen sollten, handelte es sich um Verlobte von Missionaren, die vor dem Krieg ausgereist waren. […] Die vier Neuendettelsauer Bräute reisten am 22. April 1922 von Bayern in Richtung Barmen ab, es waren drei Vorkriegsbräute und die junge erst 21 jährige Nachkriegsbraut Sibylle. In Barmen kamen noch zwei Vorkriegsbräute dazu, deren Verlobte als Missionare in der rheinischen Missionsgesellschaft, in der Gegend um Madang, in Neuguinea arbeiteten.“ Sybille Bayer (In: Sibylle Bayer: Aus dem Leben des Missionars Friedrich Bayer. 1993. S.45-48)
„In Ansbach traf ich mich mit Ottilie Glauner, die ihren Bräutigam Leonard Flierl auch noch nie gesehen hatte, und Babette Herle, die Braut von Herrn Johann Schmutterer und Grete Herrmann, die zu Herrn Kasper Döbler reiste. Diese drei waren schon vor dem Krieg verlobt gewesen, ehe sie nun die Einreiseerlaubnis bekommen hatten. […] In Barmen sollte sich der Bräutekreis durch zwei weitere Vorkriegsbräute erweitern. Adele Lamm war die Braut von Missionar Jakob Welsch, Anna Diehl wollte Missionar Wullenkord heiraten. […] Ich war kurz vor Antritt der Reise 21 Jahre alt geworden. Obwohl meine Begleiterinnen älter waren, freundeten wir uns sehr schnell an. Es sollte auch eine sehr lange gemeinsame Fahrt werden. Wie schon erwähnt, reiste ich am 22. April 1922 von zu Hause ab und kam am 29. Sept. in Finschhafen, Neuguinea, an.“ Sybille Bayer (In: Sibylle Bayer: Er führte mich hinaus ins Weite. 1993, S.30-32.)
Zu den harten Statuten des Missionsseminars schreibt Sibylle Bayer:
„Warum war es so schwierig für einen Missionar, eine passende Frau zu finden, warum war meist eine Vermittlung nötig, ihm zu einem Eheglück zu verhelfen? Es wird deutlich, wenn man die spartanischen Statuten liest, die für die Missionszöglinge am Missionsseminar in Neuendettelsau verbindlich waren. Die Bauersche Haus- und Lebensordnung für das Seminar zeigte klösterliche Züge. Ich will nur einige Auszüge daraus zum besseren Verständnis der Situation niederschreiben.
In § 32 heißt es: „Der Briefwechsel steht unter der Aufsicht des Inspektors. Es darf kein Brief oder Paket in Empfang genommen oder abgesandt werden, außer durch die Hände des Inspektors.“
§33 lautete: „Es darf ein Zögling, solange er in der Anstalt ist, kein Verhältnis mit Frauenzimmern, weder persönlich, noch schriftlich, anknüpfen, pflegen oder festmachen. Geschieht dies dennoch, so hat der Schüler zu gewärtigen, daß er die Weisung bekommt, die Anstalt zu verlassen.“
Es wurde streng darauf geachtet, daß kein Seminarist alleine spazieren ging, sondern immer in Gemeinschaft. […] Kamen Beziehungen zu Mädchen ans Tageslicht, wurden die Zöglinge sofort entlassen, selbst wenn sie schon im letzten Semester ihrer Ausbildung standen. […] Die Verlobung eines Sendlings war erst nach seiner Aussegnung erlaubt. Da aber zwischen der Aussegnung und Aussendung oft nur eine Zeit von 2 – 3 Wochen lag, die zudem mit vielerlei Dingen der Reisevorbereitung und Verabschiedung ausgefüllt waren, gab es kaum die Möglichkeit, ein Mädchen näher kennen zu lernen.“
Sibylle Bayer (In: Sibylle Bayer: Er führte mich hinaus ins Weite. 1993. S.27)