Zurück zur Auswahl

Frauen in der Mission

Im 19. Jh. waren in der katholischen Kirche Frauen in der Mission nichts Ungewöhnliches. Sie waren aktiv und selbstständig in der Missionsarbeit tätig, ausgesandt von ihren jeweiligen Ordensgemeinschaften. In Neuguinea waren bspw. die Hiltruper Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu bei den Chachet in den Bainingbergen auf der Gazellehalbinsel tätig.

In der evangelischen Kirche kamen Frauen dagegen zunächst nur als Missionarsfrau oder Missionsbraut auf das Missionsfeld. Als Missionsbraut bezeichnete man damals Frauen, die ihren Mann vor ihrer Ausreise und Hochzeit nicht persönlich kannten. Die Vermittlung fand oft auf Initiative der Familien oder auch der Missionsleitung statt. Der Kontakt wurde brieflich hergestellt. Sybille Bayer kannte bspw. ihren zukünftigen Mann Friedrich Bayer nur aus Briefen, bevor sie 1922 als Missionsbraut nach Neuguinea ausreiste. In der Regel wurden die jungen Neuendettelsauer Missionare unverheiratet ausgesandt. Wegen der strengen Statuten der Neuendettelsauer Missionsanstalt mussten Schüler das Seminar nämlich verlassen, wenn sie Kontakt zu Frauen hatten. Erst nach ihrer Aussegnung war eine Verlobung möglich. Ende der 1960er Jahre erst durften Seminaristen dann schon während ihres Studiums heiraten und mit ihrer Frau gemeinsam ausreisen.

Nach dem 1. Weltkrieg verlangte die australische Kolonialregierung, dass heiratswillige Missionare vor der Einreise ihrer Bräute persönlich bei der Regierung in Morobe vorstellig wurden, um eine Einreisegenehmigung für ihre zukünftigen Frauen zu erhalten. Auch in Bezug auf die Familienplanung war die Mission also von der Kolonialregierung abhängig. Während die Missionarsfrau vor allem zuständig war für Familie und Haushalt, die Ausbildung von Hausmädchen und für die Verwaltung der Missionsstation, wenn ihre Männer auf Reisen waren, unterrichtete die Missionsgehilfin die deutschen Missionarskinder und übernahm pflegerische und haushälterische Aufgaben.

Die erste Missionsgehilfin Frieda Götz kam schon 1889, aber eher zufällig zur Neuendettelsauer Mission. Sie hatte zuvor ihrem Bruder, der bei der Neuguinea-Kompanie in Finschhafen tätig war, den Haushalt geführt. Als erste von Deutschland ausgesandte Frau kam 1902 Emilie Heumann als Lehrerin für die deutschen Neuendettelsauer Missionarskinder auf dem Sattelberg in Neuguinea an. Sie heiratete später den Missionar Christian Keyßer. Mit den Missionsgehilfinnen kamen Frauen nach Neuguinea, die sich bewusst für eine Arbeit in der Mission entschieden hatten. 1904 kam die Krankenschwester Rosette Keppler auf dem Sattelberg an. Elisabeth Markert reiste 1911 als Krankenschwester und Hebamme aus. Die erste Ärztin, Martha Koller, kam 1932 nach Neuguinea, nachdem die Missionsleitung keinen männlichen Bewerber fand.

Einheimische Missionsgehilfinnen leisteten ab 1908 einen großen Beitrag zur Ausbreitung der Mission. Die Gehilfenfamilien wurden von ihrer Heimatgemeinde ausgesandt und unterstützt, aber standen im alltäglichen Leben auf einsamen Posten, da viele nur einmal im Jahr einen Besuch des zuständigen Missionars erhielten. Für die Gehilfenfrauen hieß das ohne Familienbindung in einer fremden Sprachgruppe und an einem oft auch klimatisch fremden Ort ihr Leben zu bewältigen. Ein gangbarer Weg Mädchen in Neuguinea eine Bildung zukommen zu lassen führte über die Missionarsfrauen. So wurden die anfangs üblichen Hausjungen auf den Stationen allmählich durch Mädchen ersetzt, die in zwei- bis dreijährigen Kursen eine vorwiegend „praktische Ausbildung“ erhielten: Hygiene, Nähen, Waschen, Kochen und andere „weibliche Arbeiten“ standen auf dem Lehrplan. Nebenher besuchten die Mädchen oftmals auch die Stationsschule und erhielten für ihre Dienstleistungen eine geringe Entschädigung. Um möglichst vielen Mädchen eine solche Ausbildung zu gewähren, wurde auf den Stationen eine größere Anzahl aufgenommen, als eigentlich benötigt wurden. Dora Flierl gründete dann 1912 die erste Mädchenschule in Heldsbach. Erst nach dem 2.Weltkrieg wurden offiziell Mädchenschulen eingerichtet und die Bildung der Mädchen forciert.

Missionarinnen gab es in der Neuendettelsauer Mission nie. Seit den 70-er Jahren wurde der Begriff „mitausreisende Ehefrau“ gebräuchlich. Sie hatten zwar meist eine qualifizierte Berufsausbildung, aber keinen eigenen Arbeitsvertrag. Bis in die 80er Jahre galt die Regelung, dass nur einer der Ehepartner einen Verdienst haben konnte, es im Grunde aber egal war, ob dies die Frau oder der Mann war. Daraus entstand die Praxis der Stellenteilung (Bayer 1993, S.27, S.46).

Auszüge - Sybille Bayer: „Aus dem Leben des Missionars Friedrich Bayer“ und „Er führte mich hinaus ins Weite“

„An einem Abend muß ihm wohl seine große Einsamkeit so recht bewußt geworden sein, denn er vertraute seinem Freund Mailänder an: „Karl, ich möchte am liebsten auch verheiratet sein. So ein Familienleben wie du es hast, ist doch etwas sehr Schönes. Aber ich kenne kein Mädchen in Deutschland, das ich fragen oder dem ich schreiben könnte.“ Ganz spontan gab Karl Mailänder die Antwort: „Da steht sie ja!“, dabei nahm er eine Photographie, die auf dem Harmonium stand, in die Hand und reichte sie seinem Freund. Aus dem Bild blickte diesen die jüngere Schwester von Frau Mailänder an. Frau Hedwig Mailänder, geb. Wüst, war 1913 von Bleimerschloß (Mfr.) zu Missionar Karl Mailänder gereist. Sie waren sich bis zu Hochzeit in Neuguinea unbekannt gewesen, ihre Bekanntschaft hatte ein Pfarrer in Deutschland vermittelt. Schnell wurde Papier und Schreibzeug herbeigeholt und Herr und Frau Mailänder fragten bei der Schwägerin und Schwester Sibylle Wüst in Deutschland an, ob sie bereit wäre, nach Neuguinea zu kommen. […] Schließlich schickte Sibylle Wüst eine Antwort und bat um einen persönlichen Brief des unbekannten Missionars, den sie auch erhielt, zusammen mit einer Photographie. Nachdem noch einige Briefe gewechselt waren, kam ein Telegramm an die Missionsleitung in Neuendettelsau: Fiances come could not come Sibylle with (Bräute kommen, könnte Sibylle nicht mitkommen). Bei den Bräuten, die kommen sollten, handelte es sich um Verlobte von Missionaren, die vor dem Krieg ausgereist waren. […] Die vier Neuendettelsauer Bräute reisten am 22. April 1922 von Bayern in Richtung Barmen ab, es waren drei Vorkriegsbräute und die junge erst 21 jährige Nachkriegsbraut Sibylle. In Barmen kamen noch zwei Vorkriegsbräute dazu, deren Verlobte als Missionare in der rheinischen Missionsgesellschaft, in der Gegend um Madang, in Neuguinea arbeiteten.“ Sybille Bayer (In: Sibylle Bayer: Aus dem Leben des Missionars Friedrich Bayer. 1993. S.45-48)

„In Ansbach traf ich mich mit Ottilie Glauner, die ihren Bräutigam Leonard Flierl auch noch nie gesehen hatte, und Babette Herle, die Braut von Herrn Johann Schmutterer und Grete Herrmann, die zu Herrn Kasper Döbler reiste. Diese drei waren schon vor dem Krieg verlobt gewesen, ehe sie nun die Einreiseerlaubnis bekommen hatten. […] In Barmen sollte sich der Bräutekreis durch zwei weitere Vorkriegsbräute erweitern. Adele Lamm war die Braut von Missionar Jakob Welsch, Anna Diehl wollte Missionar Wullenkord heiraten. […] Ich war kurz vor Antritt der Reise 21 Jahre alt geworden. Obwohl meine Begleiterinnen älter waren, freundeten wir uns sehr schnell an. Es sollte auch eine sehr lange gemeinsame Fahrt werden. Wie schon erwähnt, reiste ich am 22. April 1922 von zu Hause ab und kam am 29. Sept. in Finschhafen, Neuguinea, an.“ Sybille Bayer (In: Sibylle Bayer: Er führte mich hinaus ins Weite. 1993, S.30-32.)

Zu den harten Statuten des Missionsseminars schreibt Sibylle Bayer:

„Warum war es so schwierig für einen Missionar, eine passende Frau zu finden, warum war meist eine Vermittlung nötig, ihm zu einem Eheglück zu verhelfen? Es wird deutlich, wenn man die spartanischen Statuten liest, die für die Missionszöglinge am Missionsseminar in Neuendettelsau verbindlich waren. Die Bauersche Haus- und Lebensordnung für das Seminar zeigte klösterliche Züge. Ich will nur einige Auszüge daraus zum besseren Verständnis der Situation niederschreiben.

In § 32 heißt es: „Der Briefwechsel steht unter der Aufsicht des Inspektors. Es darf kein Brief oder Paket in Empfang genommen oder abgesandt werden, außer durch die Hände des Inspektors.“

§33 lautete: „Es darf ein Zögling, solange er in der Anstalt ist, kein Verhältnis mit Frauenzimmern, weder persönlich, noch schriftlich, anknüpfen, pflegen oder festmachen. Geschieht dies dennoch, so hat der Schüler zu gewärtigen, daß er die Weisung bekommt, die Anstalt zu verlassen.“

Es wurde streng darauf geachtet, daß kein Seminarist alleine spazieren ging, sondern immer in Gemeinschaft. […] Kamen Beziehungen zu Mädchen ans Tageslicht, wurden die Zöglinge sofort entlassen, selbst wenn sie schon im letzten Semester ihrer Ausbildung standen. […] Die Verlobung eines Sendlings war erst nach seiner Aussegnung erlaubt. Da aber zwischen der Aussegnung und Aussendung oft nur eine Zeit von 2 – 3 Wochen lag, die zudem mit vielerlei Dingen der Reisevorbereitung und Verabschiedung ausgefüllt waren, gab es kaum die Möglichkeit, ein Mädchen näher kennen zu lernen.“

Sibylle Bayer (In: Sibylle Bayer: Er führte mich hinaus ins Weite. 1993. S.27)

Zurück zur Auswahl