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Wissen ist Macht

Koloniale Fremdherrschaft bedarf eines legitimierenden Unterbaus und ideologischer Rechtfertigung. Wissen und Wissensproduktion sind deshalb zentraler Bestandteil und Voraussetzung kolonialer Herrschaft. Die Kenntnis über die zu kolonisierende und zu missionierende Bevölkerung versetzte Kolonialherren in die Lage zur Ausübung von Macht und Missionare in die Lage ihren Glauben in den Gemeinschaften zu verbreiten. Jürgen Zimmerer, Professor für Neuere Geschichte, betont, dass Kolonialismus nicht nur eine Praxis ist, sondern auch ein Diskurs über (vermeintliche) Unterschiede mit dem Ziel der Abgrenzung vom jeweils „Anderen“, sei es ´der Orientale´ oder ´der Afrikaner´. Diese Diskurse finden in der Wissenschaft, Kunst und Literatur statt. Sie generieren vermeintliches Wissen über die „Anderen“, flankieren formale Kolonialherrschaft und überdauern sie. So hatte, und hat noch heute, die Literatur mit ihren Kolonialromanen, die Wissenschaft bspw. in Ethnologie und Anthropologie verkörpert in Völkerkundemuseen oder die Kunst mit
exotischen Südseemotiven Südseemotive: Gauguin
Bild von Gauguin
einen großen Anteil an kolonialer Machtausübung (weitere Infos zu Paul Gauguin und Emil Nolde gibt es hier), weil sie die öffentliche Wahrnehmung beeinfluss(t)en und steuer(te)n (vgl. Zimmerer 2013, S. 15). So sind auch Sammler und Sammlungen vom Humboldtforum bis zu missionarischen Sammlungsbeständen in einen kolonialen Diskurs und Kontext zu verorten, da sie im Rahmen formeller oder informeller Kolonialherrschaft entweder zu wissenschaftlichen Zwecken angelegt wurden oder, um die interessierte Bevölkerung im fernen Mutterland über die fremden Kulturen zu informieren (vgl. dmb Leitfaden 2018, S.14,26)

Kolonialromane

Screenshots und Links: Völkerkundemuseen

Paul Gauguin und Emil Nolde

Paul Gauguin überliefert Ende de 19. Jh. in seinem Werk Noa Noa ein Südseestereotyp gepaart mit Kulturkritik am europäischen System:

„Ich, der Kulturmensch, stand in dieser Hinsicht weit hinter den Wilden zurück. Ich beneidete sie. Ich sah ihr glückliches, friedliches Leben um mich her, ohne größere Anstrengung, als die täglichen Bedürfnisse es erforderten — ohne die geringste Sorge um Geld. Wem sollte man etwas verkaufen, wo die Erzeugnisse der Natur jedem zu Gebote stehen?“ Paul Gauguin (In: Noa Noa 1897, S.17)

„Ich war genötigt, nach Frankreich zurückzukehren. Wichtige Familienangelegenheiten riefen mich zurück. Lebe wohl, gastfreies Land, köstliches Land, Heimat der Freiheit und der Schönheit. Zwei Jahre älter geworden und um zwanzig Jahre verjüngt gehe ich fort, verwilderter als ich gekommen war und doch gescheiter.“ Paul Gauguin (In: Noa Noa 1897, S.105)

Geschichte zu Emil Noldes Südseebildern:

Emil Nolde reiste Ende September 1913 als Begleitung der „Medizinisch-Demographischen Deutsch-Neuguinea Expedition“ im Auftrag des Reichskolonialamtes. Die Expedition stand unter der Leitung der Augenärzte Alfred Leber und Ludwig Külz, der zuvor in Togo und Kamerun als Regierungsarzt Erfahrungen gesammelt hatte. Nach einer langen Reise durch Sibirien und China gelangte Nolde am 13.Dezember 1913 nach Neu-Guinea. Er akklimatisierte sich einige Zeit in Rabaul, wo er sich von einer lebensbedrohlichen Infektion erholen musste. Dort traf Nolde Ende 1913 auch mit Gouverneur Alfred Hahl zusammen. Der Maler erinnert sich später:
„Er war uns nur wenig freundlich gesinnt und meine künstlerischen Ambitionen mochte er anscheinend gar nicht leiden.“
Erst drei Monate später fand er die Kraft zu malen und zog weiter nach Käwieng/Neu-Mecklenburg, wo er ein kleines neu erbautes Arresthaus als Atelier bezog. Während der kurzen Zeit seines Aufenthaltes vom 1.März bis zum 19.April 1914 schuf Nolde eine Vielzahl von Ölbildern und Skizzen. Am 16.Mai treten Ada und Emil Nolde ihre Heimreise an. Sie werden vom Beginn des ersten Weltkrieges überrascht. Die Bilder gingen mit dem Dampfer „Schlesien“ separat auf den Weg. Dieser wird im Suez-Kanal nach Kriegsbeginn von Engländern gekapert - die Bilder werden beschlagnahmt und gelten dann lange als verschollen. Wieder in Deutschland versucht sich Nolde an die Eindrücke zu erinnern und malt eine ganze Reihe neuer Bilder mit Südseethemen. Als er dann schließlich 1921 aufgrund eines Hinweises seine 19 Ölbilder zusammengerollt unter einer Treppe in Plymouth/England findet und sogar die über 250 kleinformatigen Skizzen aus den verschimmelten Koffern seines Reisegepäcks hervorholt, kann er es nicht fassen.

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