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Texte und Bilder – mediale Einflussnahme auf die Wahrnehmung

Missionare können mit Fug und Recht als schreibwütig bezeichnet werden. Allein von Missionar Johann Flierl werden hunderte von Briefen oder Jahresberichte im Archiv von Mission EineWelt aufbewahrt. Dabei müssen wir jedoch bedenken, dass Briefe im 19. Jh. das einzige Kommunikationsmittel war, das die Missionare mit der Heimat verband und das Nachrichten aus dem Missionsgebiet in die Heimat beförderte oder andersherum. Die Möglichkeit der Telegraphie gab es in Neuguinea erst kurz vor dem 1. Weltkrieg. Post zwischen Neuguinea und Deutschland dauerte in der Regel 6-8 Wochen, so dass eine Rückversicherung der Missionare über ihre Arbeit im Missionsgebiet nicht möglich war – sie mussten selbst entscheiden und die Missionsleitung in der Heimat musste ihnen vertrauen.
Wichtig für die Missionsanstalt in Neuendettelsau waren vor allem die Jahresberichte, die die Missionare über ihre Arbeit auf den jeweiligen Missionsstationen verfassen mussten. Die Jahresberichte wurden dann in den Kirchlichen Mitteilungen abgedruckt und informierten so ein breites Publikum in der Heimat. Neben der Beschreibung von Bauarbeiten oder Gesundheitsproblemen, sollte ein Bild von Land und Leuten in die Heimat übermittelt werden und natürlich, sofern möglich, von Missionserfolgen berichtet werden. Die Kirchlichen Mitteilungen aus und über Nordamerika, Australien und Neuguinea erschienen als Organ der Neuendettelsauer Mission zwischen 1881 bis 1910 unter diesem Namen, danach bis 1941 als Neuendettelsauer Missionsblatt. Adressaten waren potentielle Spender*innen, die die missionarische Arbeit in den fernen Ländern unterstützen sollten.
Insofern wurden neben Erfolgsgeschichten natürlich auch Geschichten über die gefährliche Pionierarbeit der Missionare gern gelesen.
Von einem Besuch bei den Kwakwantong und der Zusammenarbeit mit der Kolonialregierung berichtete Missionar Zwanzger in seinem Bericht von der Station Wareo 1903:
„Vor kurzem machte ich einen Besuch in Kwakwantong, bei Leuten, bei denen noch keiner von uns gewesen […] Den Häuptling der Kwakwantong haben vor Jahr und Tag die Bonga getötet, natürlich auf Bestellung und gegen Bezahlung, ein Beweis wie weit das unheilvolle Tun dieser Leute sich erstreckt. Was es mit dem alten Ngagebe (Häuptling von Bonga, der im vorigen Jahr wegen wiederholter Mordtaten von den Missionaren bei der Regierung angezeigt und der mit Niederbrennen seines Hauses bestraft worden war. D.R.) wohl einmal für ein Ende nehmen wird! Er hat viele Menschenleben auf dem Gewissen.“
Missionar Schnabel berichtet von einem 5-tägigen Besuch bei einem nahegelegenen Dorf und schreibt als Fazit:
„Und es wäre nur zu wünschen, daß die Eingeborenen auch in dieser Beziehung (Gemüseanbau) zu einem würdigerem Dasein emporstiegen, was ja infolge der Annahme des Evangeliums auch nicht ausbleiben wird.“ (In: Kirchl. Mitteilungen 36. Jg. 2. Juni 1904 Nro. 4&5, S.33-36)

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Legitimation

Der Rücktransfer aus missionarischer Feder oder Kamera weckte in der Heimat einerseits Interesse für außereuropäische, fremde Lebensweisen; gleichzeitig wurde diese Lebensweise aber mit der eigenen Lebensweise verglichen, die in der Regel als besser empfunden wurde, sodass Texte und Bilder andererseits neben der Dokumentation auch der Legitimation von Mission (und Kolonisation) dienten.
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