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Kolonialer Frieden

Die Kolonialregierung beschritt mit Unterstützung und auf Anraten der Neuguinea Kompanie und verschiedenen Plantagenbesitzern einen anderen Weg, um die Bevölkerung zum Frieden zu zwingen. Die einheimische Bevölkerung versuchte sich auf verschiedenste Art und Weise gegen die sich immer weiter ausweitenden Plantagen und damit gegen den Landraub zur Wehr zu setzen. Diebstähle oder gewaltsame Angriffe häuften sich im Lauf der Kolonialzeit. Wegen verschiedener Konflikte wurde häufig der deutsche Staat um Unterstützung angerufen, der mittels sogenanter Strafexpeditionen gegen die einheimische Bevölkerung vorging. Da es jedoch meist schwierig war, den wirklichen Tätern auf die Spur zu kommen, war es gängige Methode, ganze Dörfer anzuzünden und so die Lebensgrundlage der Menschen zu zerstören. Ein Exempel zu statuieren mit abschreckender Wirkung war das Ziel dieser willkürlichen Vorgehensweise. Alexander Krug beschreibt zw. 1884 – 1914 allein 43 Strafexpeditionen im Bereich von Kaiser-Wilhelmsland, unzählige weitere auf den umliegenden Inseln des Bismarck-Archipels. Von den 43 Strafexpeditionen auf dem Festland Neuguineas fanden auch einige im Huongolf statt, dem Einzugsgebiet der Neuendettelsauer Mission. Diese Strafexpeditionen werden erstaunlicherweise in den Unterlagen der Neuendettelsauer Missionare kaum erwähnt. Lediglich von dem Vorgehen der Regierung gegen die Laewomba berichtet Flierl im Gedenkblatt von 1910 ohne genauer darauf einzugehen oder die Maßnahmen zu bewerten. Flierl selbst bat nach wiederholten Einbruchdiebstählen die Administration um Hilfe, die daraufhin ein Dorf einäscherte (vgl. Krug 2005, S.85; Brief Flierl 19.2.1890). 1903 heißt es in den Kirchlichen Mitteilungen über einen „Streifzug“ der Polizeisoldaten lapidar „Leute von dort (Kaidörfer) hatten schon längere Zeit einmal Ziegen gestohlen und auch sonst frech gegen das Eigentum der Mission gehandelt, deshalb wurden sie nun an ihrem Eigentum bestraft.“ Wie diese „Strafe“ aussah, wird jedoch nicht berichtet, auch nicht warum es zu den Diebstählen kam (vgl. Kirchl. Mitteilungen 14.9.1903 aus Brief vom 1.3.1903 Missionar Wagner)

Zitate aus Reiseberichten

Zur unsicheren Lage in Neuguinea und den Bemühungen der Kolonialmacht zur Sicherung des Landfriedens aus dem Reisebericht der S. M. S. Planet 1906:

„Die Beruhigung der eingeborenen Bevölkerung schreitet stets vorwärts; dort wo Regierungsstationen sind, ist der Friede gesichert, aber auch nur dort. Besonders Neuguinea ist in dieser Hinsicht unsicher. Selbst an der Küste, wo die beiden Regierungsstationen Friedrich-Wilhelms-Hafen und Eitape sowie die Missionsstationen die Küstenbevölkerung in Ruhe halten, kann durch plötzlichen Einbruch eines Stammes der Bergvölker der Friede jederzeit gestört werden […] Das Innere von Neuguinea ist ein völlig unsicheres Gebiet, in das der Arm der Regierung noch nicht reicht. Gelegentliche Strafzüge der Polizeitruppe sind nahezu erfolglos, da sich die Eingeborenen sofort in das unwegsame Innere flüchten. Vermehrung der Polizeistationen und Wegebau werden hier erst Besserung schaffen […] Irgendwelche Verbände unter den Eingeborenen – Sippen – fehlen. Es fehlt den Wilden der Begriff des einheitlichen Zusammenwirkens […] nur das Dorf und auch nur das eine kennzeichnet ein Zusammenhalten; mit dem nächsten, mit dem es unter Umständen schon keine Sprachgemeinschaft mehr hat, lebt es in bitterer Fehde. So fehlt der Begriff der gemeinsamen Sache und hiermit sind die natürlichen Voraussetzungen zur Durchführung des Grundsatzes divide et impera gegeben. Allmählich kommt Ordnung in diese ungeordneten Zustände und bereits sind durch die Regierung Verbände eingeführt mit einem Oberhaupt (luluai), der auch äußerlich durch Verleihung eines Stabes mit silbernen Kopf kenntlich gemacht ist. Weiter geschieht die Erziehung der Eingeborenen durch Frohne, Kopfsteuer, Schutzländereien, Anbauzwang unter Aufsicht, Pflege der Gesundheit und Errichtung von Handwerksschulen neben den Missionsschulen.“ Reichsmarineamt zur Forschungsreise der S.M.S. Planet 1906/1907 (Zitiert nach Boelke 1981, S. 364-365)

Zum Verhalten der Laewomba und dem Vorgehen der Regierung gegen sie schreibt J. Flierl:
„Ein rechter Pfahl im Fleisch unserer Mission ist der mörderische und räuberische Stamm der Laewomba im Markhamtal, zwischen unseren Stationen Kap Arkona und Samoahafen. Diese Leute brechen immer wieder hervor an die Küste zum Rauben und Morden, besonders unter den armen Lae, einem Stamm der Bukaua am Adlerfluß. Die Bukaua gehörten auch nicht zu den besten und Menschenfresserei war bei ihnen nicht selten. Sie haben früher an ihren Nachbarn im Innern auch übel gehandelt, so viel sie nur konnten. Noch vor wenigen Jahren kamen Weiße vom Dampfer „Siar“ in ein Inseldorf der Labo in den Herzogsee und fanden dort einen Haufen frische Menschenschädel, die von einer kannibalischen Menschenschlächterei der Strandseen-Bewohner unter den Inländern herstammten […] Als Br. Lehner kürzlich jene Gegenden wieder bereiste fand er zerstörte Dörfer, verwüstete Felder und bleichende Gebeine de Erschlagenen. Die Mission konnte den Inlandstamm leider noch nicht erreichen und zum Besseren beeinflussen, und zur Zeit ist die Aussicht dazu geringer als je, nachdem die Regierung ein paar Mal gegen diese Mörderbanden vorgegangen ist, ohne sie in ihrem Schlupfwinkeln fassen zu können. Jetzt sind sie auch gegen die Weißen mit Haß und Geringschätzung erfüllt.“ Johann Flierl (In: Gedenkblatt 1910; S. 76-77)

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