Papua-Neuguinea
Goldgräberstimmung
Zitat eines papuanischen Augenzeugen über die Behandlung der Träger:
„Unterwegs gab es nicht wenige Tote… Kranke, die nicht mehr weiterlaufen konnten erhielten etwas Reis und wurden liegen gelassen. Sie machten sich im Walde selbst ein notdürftiges Schutzdach aus Blättern und starben dann. Später des Weges kommende Träger stießen das Dach um, gossen Petroleum darauf und verbrannten die Hütten mit samt den Leichen. Als wir diesen Weg zogen, schlug uns mehrfach Leichengeruch entgegen. Wir sahen auch Skelette liegen. Maigao Brief an seine Heimatgemeinde (In: Keyßer: Eine Papuagemeinde. 1950. Zitiert nach Pillhofer 1963 Bd. 2, S. 117-118 Fußnote)
Missionar Bayer beschreibt in seinem Jahresbericht von Malalo die Situation wie folgt:
„Die größte Begebenheit besteht darin, daß durch das Auffinden eines neuen, ungemein reichhaltigen Goldfeldes auf einer über 2000m hohen Gebirgsfläche unweit des alten Goldfeldes am Piololoflusse eine Schar von Goldsuchern herbeigelockt wurde. In kurzer Zeit waren über 200 Menschen von überallher zusammengeströmt. Die Regierung selber kam zwar noch rechtzeitig, und sie tat vieles zum Schutz des Eingeborenenvolkes. Aber sie kam dennoch reichlich spät […] Man stelle sich doch nur unsere kleinen Dörflein mit ihrer geringen Einwohnerzahl lebhaft vor Augen und vergleiche damit die große Zahl der angekommenen Weißen! […] und wie sehr die Leute dadurch in Mitleidenschaft gezogen wurden. Denn die herbeigekommenen einschließlich der Regierung wollten alle etwas von den Leuten […] Die Weißen wollten Land, auf dem sie ihre Unterkunftshütten errichten konnten; sie begehrten Bauholz und Sagolaub aus den Wäldern der Leute, und noch nicht genug damit, sie wollten auch noch persönliche Arbeitskräfte zum Schleppen ihrer Habseligkeiten […]Damit musste man sich den ausgeprägten Rechtssinn der Leute […] vor Augen halten. […] Nach dem ganzen Empfinden und Denken des Eingebornen sind Rechtsverletzungen in bezug auf Land und Wald und was darauf gewachsen ist etwas ganz Abscheuliches und daher Unerträgliches und genau so schlimm wie Mord, Diebstahl und Hurerei, wenn nicht noch viel schlimmer. Und nun musste er mit seinen eigenen Augen sehen, wie sich Fremde auf seinem Land und seinem Boden breit machten […] als ob sie von jeher dagewohnt hätten und die rechtmäßigen Besitzer wären. […] Der übliche Lauf der Arbeit wurde durch die Ansprüche an die Arbeitsleistung der Leute jäh unterbrochen. Aller Taufunterricht kam zum Stillstand. Zur Beeinflussung der Leute stand nur noch der Sonntag zur Verfügung […].“ Friedrich Bayer In: Jahresbericht Malolo (In: Kirchliche Mitteilungen 17.11.1927, 91-92)
Im Weiteren äußert Friedrich Bayer seine Zweifel, ob und wann es sinnvoll ist, das Missionsgebiet weiter auszudehnen:
„Interessant ist die Beobachtung, daß sich da, wo die Arbeit vorher genügend Zeit hatte, um fester zu wurzeln und tiefer zu gehen, da, wo die Gehilfen das volle Vertrauen des Volkes gewonnen hatten, die Leute ganz anders und viel leichter in die so veränderte Zeitlage zu schicken vermochten. Wo aber die Arbeit noch im Zeichen des Anfangs stand, da war die Volkskraft und das Beharrungsvermögen gar bald erschöpft. Jene Leute hielten auch durch, als die Zeiten ganz besonders schwer wurden […] Dagegen versagten die noch erst ganz frisch von uns in Angriff genommenen Gebiete in dieser harten Zeit völlig und die Leute darin stoben in alle Winde auseinander. […] So hat also unsere Arbeit der Welt einen großen Dienst geleistet und zwar einen Dienst, von dem sie kaum etwas weiß, wohl auch nichts wissen will. Ohne unsere Arbeit könnte man nun alle Bergstämme im Wald zersprengt suchen, nicht einer hätte ausgehalten. […] Dabei ist es von größter Wichtigkeit, daß die Missionsarbeit allen anderen Arbeiten um mehrere Jahre voraus ist. Wenn dem Missionar der Anwerber und der Goldsucher (jener will Arbeiter, dieser Träger) auf dem Fuße folgt, dann entstehen heillose Verwirrungen in dem neuen Stamme. Er wird zu jäh und zu rücksichtslos aus seiner bisherigen Verborgenheit, aus seinem Eigenleben heraus gerissen. […] Ist es geschehen dann fragt man sich nachher gar manchmal: Wäre es nicht eigentlich besser gewesen, den Stamm noch länger unberührt zu lassen? Man weiß zunächst nicht, wie man die Frage, ob ihm seine Erschließung Fluch oder Segen brachte, recht beantworten soll. Sieht man voraus, daß Anwerber und Goldsucher zugleich folgen, dann ist zunächst der Fluch größer als der Segen, der mit der Mission über ihn kommt. Daher zaudere ich sehr mit der Ausdehnung unserer Arbeit vom Kaidemoegebiet aus hinüber ins Watutgebiet. Mir tun die armen Stämme leid, denn ich weiß, was ihnen morgen droht, wenn ich sie heute besetze. Da ist es fast Pflicht der Barmherzigkeit, ferne zu bleiben anstatt hinüberzugehen, denn ich kann nun aus Erfahrung ein Lied davon singen, wie man mit neu erschlossenen Stämmen umgeht.“ Friedrich Bayer In: Jahresbericht Malolo (In: Kirchliche Mitteilungen 17.11.1927, 93-94)
Zur Errichtung der Regierungsstation in Salamaua schreibt Bayer im Jahresbericht weiter:
„Die Küstendörfer waren schier ununterbrochen mit der Errichtung der Regierungsstation in Salamaua beschäftigt. […] Die Sagolaubbestände, eigentlich der einzige Reichtum der Leute, wurden elend ausgebeutet. […] Nicht nur der Feldbau litt, sondern auch die Dörfer verkamen, und in nicht allzuferner Zeit wird man kaum mehr ein Kanu finden. Deren Beschaffung erfordert viel Zeit und gemeinsame Kraft, denn es ist eine ungemein schwere Arbeit, aber beides fehlt, denn beides beanspruchte die Regierung schier ganz allein.“ Friedrich Bayer In: Jahresbericht Malolo (In: Kirchliche Mitteilungen 17.11.1927, S.92)
Telegramm 26.7.1927 Johann Flierl an die australische Kolonialregierung:
„Zentralregierung Rabaul. Dringende Nachricht. Hinterland Finschhafen. Regierungsvertreter mißbraucht massiv Autorität während der Monate Juni – Juli. Quält friedliche Bevölkerung. Schießt Schweine. Beschlagnahmt Lebensmittel. Nimmt gewaltsam schwerstbehinderte Leute für Regierung und Anwerber in Beschlag. Senden sie Kommission, um die Tatsachen in den vielen betroffenen Dörfern zu untersuchen. Beruhigen Sie die Dorfbevölkerung. Stellen Sie das Vertrauen in die Regierung wieder her.“ (zitiert nach Farnbacher/Weber 2004, S.69)