Von Tansania und Papua-Neuguinea nach Deutschland
Produkte und Objekte - materielle Güter im fremden Land
Ein vor allem seit den 1960-er Jahren vieldiskutierter Rückfluss aus den ehemaligen Kolonien und Missionsgebieten sind Objekte. Kunstgegenstände, Alltagsgegenstände, religiöse oder rituelle Gegenstände, Tiere und Pflanzen und im extremsten Fall menschliche Körper(teile) wurden in unvorstellbarer Menge nach Europa und auch nach Deutschland gebracht, um sie in Museen auszustellen oder auf dem (Kunst)-Markt zu Geld zu machen. Die Objekte waren Handelsware und ein Wirtschaftsfaktor für Kolonialabenteurer, Forscher aller Fachrichtungen und teilweise auch für die Mission.
Für die Objekte, die sich im Bestand bei Mission EineWelt befinden, sind heute Ethnolog*innen zuständig. Sie kümmern sich einerseits um die sachgemäße Aufbewahrung und den Erhalt der Objekte, sowie um die schwierige Forschung rund um die Herkunft und den Gebrauchskontext der Stücke.
Wie kamen die Missionare zu den Gegenständen, woher stammen sie und wie wurden sie in der Herkunftsgesellschaft verwendet, wie gelangten sie nach Deutschland und was geschah mit ihnen hier? Dies sind Fragen mit denen sich die Provenienzforschung beschäftigt.
Die dort tätige Kustodin Jeanette Kokott schrieb:
„Laut Inventarbuch handelt es sich dabei um Sippenabzeichen, das Modell eines Männerhauses, ein Ahnenbild und Schnitzarbeiten. Vermutlich stammen alle Stücke aus der Gegend um Finschhafen.“
Schließlich sind in einer von R. W. Welsch (1998) erstellten Dokumentation der Südsee-Expedition (Joseph N. Field South Pacific Expedition) der Jahre 1909-1913 des Völkerkundlers A. B. Lewis vier Objekte zu sehen. Lewis hatte die Gegenstände von Lehner erworben. Dabei handelt es sich um eine Baststoffmütze von den Laewomba, eine Trauermütze und zwei Balumshölzer, von denen eines ornamentiert ist. Als Forschungsreisender kaufte Lewis im Februar/März 1910 39 Objekte und zahlte Lehner dafür insgesamt 200 Mark. Eine diesbezügliche Eintragung findet sich in Lehners Tagebuch unter dem Datum vom 18. März 1910: „Mr. Lewis kommt von Kela zurück, packte seine Sachen zusammen. Die Ethnologika sollen gemäß getroffener Vereinbarung mit Br. Lehner auf die Siar [Name des Missionsschiffes] gesch.[ifft] werden. 1 zweifach ausgefertigtes Verzeichnis wurde mir übergeben“ (vgl. Dech 2005 ; S. 138-139)
Die rund dreieinhalbtausend Ethnografika der Neuendettelsauer Sammlung stammen zum Großteil aus Papua-Neuguinea, aber auch aus Australien (ca. 75 Gegenstände) und Brasilien (ca. 50 Gegenstände). Die Objekte aus dem Bestand der Neuendettelsauer Mission, die in der Zeit ab dem 1. Weltkrieg nach Neuendettelsau kamen, wurden ab 1922 im missionseigenen Museum ausgestellt, bis sie 1972 in den Keller des damals neugebauten Missionshauses wanderten und von diesem Zeitpunkt an nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich waren (vgl. Bergdoldt 1986, S.35).
Derzeit werden die Objekte bei Mission EineWelt treuhänderisch verwahrt bis eine Rückgabe an das Herkunftsland erfolgen kann. In diesem Zusammenhang sei auf das Buch „Kultur aus Holz und Stein“ von Friedrich Bergdoldt verwiesen, das im Rahmen einer 1986 geplanten, aber nicht vollzogenen, Restitution von verschiedenen Objekten aus Papua-Neuguinea an die ELC-PNG entstand. Dass diese Restitution nicht zustande kam, lag an Befürchtungen der Verantwortlichen in PNG bzgl. ungeklärter Eigentumsrechte an den Gegenständen. In diesem Zusammenhang stellten sie sich dann die Frage, ob die Kirche in PNG überhaupt berechtigt sei, ein Museum für die Artefakte zu bauen. Die seither treuhänderische Aufbewahrung der Gegenstände mündete 2017 in einem Memorandum of Understanding (öffnet in einem neuen Tab) (vgl. Hoerschelmann 2022: S.127).
Einige Objekte sind heute in der Ausstellung EinBlick im Neuendettelsauer Missionshaus zu sehen, weitere Objekte, wie die Maske eines Tago-Geistes von den Tami Inseln, befinden sich bspw. als Leihgabe im Nürnberger Naturhistorischen Museum. Eine ähnliche Maske ist auch im Humboldt Forum zu finden. Hier wird Richard Neuhauss, auf den später noch zu sprechen sein wird, als Käufer genannt.